Das Neue Kommerzielle Zentrum ist seiner Realisierung ein großes Stück näher gekommen: Gestern unterzeichneten Bürgermeister Jan Nesselrath und Investor Marc Wierig in Essen den notariellen Kaufvertrag für den Grundstücksverkauf. Mit diesem Beurkundungstermin ist die Zusammenarbeit zur Errichtung des Neuen Kommerziellen Zentrums besiegelt, nachdem der Rat Ende März dem Abschluss des Kaufvertrags zugestimmt hatte. Damit ist auch die Umsetzung des Neuen Innenstadtquartiers in seiner Gesamtheit einen wichtigen Schritt vorangekommen, denn auch die Sanierung und Ertüchtigung der Stadthalle kann vorbehaltlich einer Förderungszusage nun in eine neue Projektphase eintreten.
Nach fast siebenjähriger Planung ist der Grundstein für eine richtungsweisende städtebauliche Entwicklung gelegt. Von den ersten Ideen bis zum heutigen Tag war dies ein kurvenreicher, manchmal schwieriger Weg. Anlass für eine Chronik der Entwicklungen: ein Gespräch mit Bürgermeister Jan Nesselrath und Friedrich Rothaar, Fachbereichsleiter Technischer Service.
Neues Innenstadtquartier als Lösungsansatz für eine attraktive Innenstadt
„Dass das Projekt nun diesen Meilenstein passieren konnte, ist vor allem der Unterstützung des Rates und der engen Zusammenarbeit mit den politischen Gremien, dem Votum der Bürgerinnen und Bürger und der engen Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung, anderen Behörden und Fachleuten zurückzuführen“, so Jan Nesselrath. Doch wo lag eigentlich der Startpunkt für das gesamte Unterfangen? „Der Ausgangspunkt unserer Überlegungen war im Wesentlichen von zwei Erkenntnissen geprägt“, erinnert sich Friedrich Rothaar. „Der erste entscheidende Aspekt lag ganz offen vor uns, und zwar im Bau des neuen Otto-Fuchs-Platzes mit seiner angepassten Verkehrsführung und der offengelegten Volme. Uns wurde schnell klar: Hier steht echtes Potenzial bereit, das wir nicht verschenken, sondern in einem ganzheitlichen Ansatz für die gesamte Innenstadt nutzen sollten. Parallel wurde um diesen Zeitraum herum deutlich, wie hoch der Sanierungsbedarf der Stadthalle ist und dass sowohl in energetischem als auch im Bereich des Brandschutzes und der Haustechnik Enormes auf uns zukommen würde.“
Gemeinsam mit Fachleuten setzte man sich an einen Tisch und entwarf eine Grundidee zur weiteren Aufwertung der Innenstadt bei gleichzeitiger Sanierung der Stadthalle. Dabei wurde auch das zuvor entwickelte Einzelhandelskonzept einbezogen: Als Mittelzentrum verfügt Meinerzhagen über eine erhebliche Kaufkraft, die aber zunehmend aus der Stadt beispielsweise in Richtung online-Handel oder in andere Städte abwandert. „Indem wir neue Impulse setzen und die Kaufkraft, die wir in Meinerzhagen und der Region haben, hier vor Ort binden, stärken wir auch die bestehenden Einzelhandelsstrukturen“, so Friedrich Rothaar über die Grundvoraussetzungen: Die Idee des „Neuen Innenstadtquartiers“ war geboren. Bis heute sieht es die Sanierung und Ertüchtigung der Stadthalle, die Ansiedlung von Geschäften und Dienstleistern, innerstädtisches Wohnen, Gastronomie, Parkraum und Bildungsangebote vor, immer mit dem Ziel, die Innenstadt zu beleben und damit alle Geschäfte, darunter auch den etablierten Einzelhandel in der Fußgängerzone, zu stärken und einen Anreiz für Geschäftsneugründungen dort zu schaffen. Denn: Neue Angebote erhöhen die Kundenfrequenz und haben eine Strahlkraft auch für die umliegenden Bereiche. Kurz: Meinerzhagen sollte seiner Funktion als Mittelzentrum gerecht werden, die es bis dato nicht im gebotenen Maße erfüllt. Gleichzeitig bildete das Konzept auch die Möglichkeit ab, den Verlust des Kaufparks in der Hauptstraße zu kompensieren.
Sanierung und Ertüchtigung der Stadthalle als wesentlicher Projektbestandteil
Zu diesem Zeitpunkt war auch die Bezirksregierung Arnsberg bereits mit im Boot. Sie hatte signalisiert, dass eine Förderung zur Sanierung der Stadthalle nur im Zusammenspiel mit der Errichtung des Neuen Kommerziellen Zentrums möglich sein würde; eine Sanierung mit Hilfe von Fördermitteln als für sich stehendes Projekt wurde ausgeschlossen. Doch allein die Sanierung der Stadthalle wurde in einem externen Gutachten mit rund sieben Millionen Euro beziffert. Unter enger Einbindung des Rates und anderer Gremien entstand so im Laufe der Zeit ein Konzept, das die Förderfähigkeit der Stadthallen-Ertüchtigung in Abhängigkeit von einer Investorenlösung zur Errichtung des Neuen Kommerziellen Zentrums vorsah. Jan Nesselrath: „Allen war klar: Wollen wir die Stadthalle erhalten und gleichzeitig unsere Stadt weiterentwickeln, dann brauchen wir eine integrierte, tragfähige Lösung. Die konnten wir nur entwickeln, indem alle – Rat, Ausschüsse, Kommissionen, Verwaltung und andere Stellen – konstruktiv und über Parteigrenzen hinweg zusammenarbeiten. Es gab Diskussionen, wir haben uns auseinandergesetzt und gemeinsam für die beste Lösung gestritten, das aber immer in einem positiven Gesamtkontext. Nur so konnte ein umfassendes und komplexes Konzept wie dieses entstehen.“
In einer Infoveranstaltung Anfang 2018 wurde das bis dahin erarbeitete Konzept erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt und erläutert – mit positiver Resonanz und dem Mandat, weiterzumachen.
„Und dann“, resümiert Friedrich Rothaar, „kam der erste Rückschlag, und zwar durch Corona.“ Die EU-weite Ausschreibung für die Architektenleistung sowie das Investorenauswahlverfahren waren bereits vor Beginn der Pandemie erfolgt. „Aber wir konnten keine persönlichen Gespräche mehr führen; Begegnungen mit Interessenten waren nicht mehr möglich, und auch die Info- und Beteiligungsveranstaltungen für die Bürgerinnen und Bürger, die hochinteressiert an den Entwicklungen waren, mussten immer wieder verschoben werden.“
Allen Rückschlägen zum Trotz: Zustimmung von Seiten der Öffentlichkeit und der Gremien
Erst im Frühjahr 2022 schließlich konnte die Beteiligung der Öffentlichkeit stattfinden, und sie stand noch immer unter dem Eindruck von Corona. Neben persönlichen Gesprächsangeboten wurden Online-Tools eingesetzt, mit denen die Bürgerinnen und Bürger nachfragen, Anregungen geben und Kritik äußern konnten. Das Votum war dabei sehr positiv: Neben verschiedenen Ideen zur weiteren Umsetzung waren es vor allem die Ziele und die Umsetzungspläne zum Neuen Innenstadtquartier, die auf deutliche Zustimmung stießen.
Diese Akzeptanz trug das Projekt über eine weitere schwierige Hürde: Im vergangenen Sommer ereilte die Stadt die Nachricht, dass der inzwischen gefundene Investor vor dem Hintergrund der weltpolitischen Entwicklungen sein Angebot zurückgezogen hatte. „Das war ein herber Rückschritt“, so Jan Nesselrath, „schließlich war der Vertragsabschluss in greifbarer Nähe.“ Wie sollte es jetzt weitergehen? Die Entscheidung des Rates fiel klar aus: Ein neues Ausschreibungsverfahren wurde gestartet und führte schließlich zum Erfolg. Mit der Wierig & Schoo GbR aus Essen fand sich ein Partner für die Realisierung des Neuen Kommerziellen Zentrums. Jan Nesselrath: „Nach fast sieben extrem arbeitsreichen und durchaus auch nervenzehrenden Jahren können wir heute sagen: Wir haben einen weiteren wesentlichen Meilenstein erreicht und können uns nun auf die nächsten Schritte konzentrieren.“
Nachdem der notarielle Kaufvertrag nun unterzeichnet ist, wird es in den nächsten Wochen und Monaten um die Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen gehen. Parallel dazu läuft auch die Vervollständigung des Antrags auf Fördermittel bei der Bezirksregierung Arnsberg, mit denen die Stadthalle saniert und ertüchtigt werden soll. Mit den konkreten Bauarbeiten kann vorbehaltlich der Bewilligung von Fördermitteln Anfang 2025 begonnen werden, die Fertigstellung und Eröffnung des Kommerziellen Zentrums ist für Mitte 2027 geplant.
Ganzheitliche Aufwertung kommt allen zu Gute
Dass Meinerzhagen in Summe und damit die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die Geschäftsleute von diesen Weichenstellungen profitieren sollen, ist nach wie vor Dreh- und Angelpunkt des Projekts. Jan Nesselrath: „Die Errichtung des Neuen Kommerziellen Zentrums ist Voraussetzung dafür, die Stadthalle zu erhalten und zu ertüchtigen. Wir schaffen neue Impulse auch für die Fußgängerzone und wir tragen zur gesamten Belebung der Innenstadt bei. Wir müssen dafür sorgen, dass die Kaufkraft vor Ort gebunden wird, und zwar durch die Schaffung neuer Angebote.“ Friedrich Rothaar ergänzt: „Diese wirken sich auch auf die bestehenden Geschäfte aus, denn wir haben hier den seltenen Vorteil, dass das Kommerzielle Zentrum direkt in der Innenstadt und damit in unmittelbarer Nachbarschaft zum neuen Stadtplatz und zur Fußgängerzone geplant ist. Es ist eben kein Fachmarktzentrum auf der „grünen Wiese“, das die Menschen aus der Stadt herauszieht, sondern die besondere Chance, in der Innenstadt Mehrwert für alle zu generieren. “ Das schaffe Möglichkeiten in alle Richtungen und betreffe natürlich den Einzelhandel, die Geschäfte und den Markt, aber, stellt Jan Nesselrath klar, es geht um noch mehr, „zum Beispiel um Raum für Kultur, für die Daseinsvorsorge im Gesundheitswesen oder in der Grundversorgung oder auch um Bildung und nicht zuletzt einen Ort, an dem wir Gemeinschaft erleben können. So werten wir unsere Stadt ganzheitlich auf, und das kommt allen Bereichen zu Gute.“
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