Es ist unübersehbar: Nach dreijähriger Planungszeit ist schweres Gerät auf dem Platz des ehemaligen Schullandheims „Im Brannten“ angerollt. An seiner Stelle soll bereits in gut anderthalb Jahren eine Seniorenresidenz für 80 Bewohnerinnen und Bewohner bezugsfertig sein. Welche Pläne auf dem Weg dorthin wie zur Umsetzung kommen und was wir erwarten können: Fünf Fragen an…. Jens Kalkmann, ausführender Architekt vom Büro K25, an Fabian Krüger, Projektleiter beim Investor und Bauherren Cureus und an Susanne Thon, Geschäftsführerin der Curavie, die die Seniorenresidenz künftig betreiben wird, sowie an Friedrich Rothaar, der als Fachbereichsleiter Technischer Service das Projekt seitens der Stadt begleitet.
Herr Kalkmann: Die Skizze der Seniorenresidenz verschafft uns einen Überblick, wie der Ort, auf dem zurzeit die Bagger rollen, schon bald aussehen soll. Welche Aspekte muss man als Architekt beachten, wenn man ein solches Projekt plant?
Jens Kalkmann: Grundsätzlich ist es immer erst einmal die Bedarfsanalyse, die wir mit den Alterseinstufungen der Bertelsmann Stiftung in Bezug auf die Bewohnerzahlen zu den Städten machen. Man macht sich dann zuerst durch Luftbilder und Besuche vor Ort ein Bild über mögliche Standorte. Da es in der Regel kaum noch Freiflächen in der Größe von ca. 4.000 Quadratmetern Fläche gibt, schauen wir uns auch Bereiche an, in denen alte Nutzungen auslaufen und wo man dann nach einem Abbruch etwas Neues entstehen lassen kann. Wichtig ist natürlich auch eine Anbindung an Nahverkehrsmittel und eine gute Erreichbarkeit, damit Besucher und auch das Personal die Einrichtung gut erreichen können. Unserem Bauherrn Cureus ist auch genug Raum zur Anlage eines Gartens um das Gebäude wichtig, um Freiflächen für die Bewohner anbieten zu können.
In Meinerzhagen haben wir über ein Jahr verschiedene Grundstücke geprüft und dann stand die Einrichtung der Stadt Hagen zum Verkauf, die ja auch schon für Heimzwecke genutzt wurde und nun nach neustem energetischem Standard Raum für 86 neue Bewohner bieten wird. Der Standort ist natürlich durch seine Naturnähe und die Aussicht in die Landschaft etwas ganz Besonderes.
Herr Krüger, wie kommt ein Unternehmen aus Hamburg dazu, in eine Stadt wie Meinerzhagen zu investieren und warum glaubt die Curavie an diesen Standort, Frau Thon?
Fabian Krüger: Cureus ist ein Spezialist für die Entwicklung stationärer Pflegeimmobilien und hat dabei grundsätzlich einen bundesweiten Fokus. Dennoch sind wir besonders stark mit unseren zahlreichen Residenzstandorten in NRW, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, vertreten. Speziell in Meinerzhagen kommen nach unseren Analysen nun einige begünstigende Faktoren für die Entscheidung zusammen: Der Bedarf an Pflegeplätzen ist heute und auch künftig groß, es war ein passendes Grundstück mit guter Verkehrsanbindung verfügbar, das nach einer neuen, zukunftsstarken Entwicklung verlangte und wir konnten aus unserem Partnernetzwerk mit Curavie einen Betreiber gewinnen, der in Hinblick auf die Mitarbeitergewinnung und den Pflegeplatzbedarf ebenfalls an diesen Standort glaubt.
Susanne Thon: Die Bevölkerungsprognosen gehen von einem Anstieg der über 65-Jähringen um rd. 1.000 Personen bis zum Jahr 2030 aus, damit steigt auch der Anteil der Pflegebedürftigen. In Meinerzhagen selbst gibt es aber nur eine weitere Pflegeeinrichtung, ein paar weitere im 10-Kilometerradius, doch die Auslastungsquoten sind hier bereits sehr hoch, die Kapazitäten also nahezu erschöpft. Wir sind daher überzeugt davon, dass die Curavie das Angebot in Meinerzhagen mit der neuen Residenz und einem höchst professionellen und modernen Pflegebetrieb bereichern wird.
Der demographische Wandel macht die Errichtung einer Seniorenresidenz hier in Meinerzhagen also nur logisch. Wie soll sich das neue Heim in das Stadtleben einfügen und welche Erfahrungen haben Sie mit anderen, ähnlichen Projekten gemacht?
Susanne Thon: Die Residenz wird zum einen der Wohnort vor allem für pflegebedürftige Menschen aus Meinerzhagen und Umgebung und schon dadurch Teil des Stadtlebens werden und sich vernetzen, hier kennt man sich. Zum anderen wird sie sich auch öffnen, damit haben wir bereits an unseren Standorten in Bad Laasphe und Delbrück sehr gute Erfahrungen gemacht. Das bedeutet, dass das Restaurant der Residenz, das über eine eigene Frischküche und eine herrliche Sommerterrasse verfügen wird, sein vielseitiges Angebot auch Senioren in der Nachbarschaft der Residenz zugänglich macht, ebenso der Friseursalon, der im Erdgeschoss geplant ist. Wir erreichen damit vor allem auch ganz im Sinne unserer Bewohner eine soziale Einbindung in das Wohnumfeld, die sich letztlich auch in der Kooperation mit lokalen Vereinen und soziale Einrichtungen wie Kirchen, Kitas oder Schulen fortsetzen kann. Dass wir die neue Kita als direkte Nachbarin haben, ist natürlich besonders schön! Hinzu kommt, dass auch immer wieder Teile des Veranstaltungsprogrammes unserer Seniorenresidenz von Bewohnern und Nachbarn gleichermaßen besucht werden können.
Herr Krüger, können Sie uns noch einen ersten Überblick über die Baumaßnahmen geben? Was erwartet uns in den nächsten 18 Monaten auf der Baustelle und wann nimmt die Seniorenresidenz voraussichtlich ihren Betrieb auf?
Fabian Krüger: Seit Beginn dieses Jahres lief der Rückbau des ehemaligen Landschulheims „Haus Lyck“ auf dem rd. 10.000 Quadratmeter großen Grundstück. Daran schließen sich nun die bauvorbereitenden Erdarbeiten an, dann kommt zu Beginn des Sommers die Bodenplatte für das u-förmige Residenzgebäude, das mit einer Bruttogeschossfläche von rd. 5.400 Quadratmetern auf vier Etagen entstehen wird. Noch vor dem Winter wollen wir den Rohbau fertig und das Dach dicht haben, um witterungsunabhängig in den Innenausbau starten zu können. Stand heute rechnen wir dann mit einer Fertigstellung und Inbetriebnahme zum Ende des Sommers 2024. Wir bauen übrigens komplett barrierefrei und gemäß der sehr energieeffizienten und nachhaltigen KfW-40EE-Bauweise. Die Beheizung erfolgt später ökologisch sinnvoll über ein Blockheizkraftwerk, das gleichzeitig Strom für die Seniorenresidenz erzeugt und die Flachdächer werden aller Voraussicht nach begrünt und bekiest.
Zum Abschluss noch eine Frage an Sie, Herr Rothaar: Welche Ziele verfolgen Sie aus stadtplanerischer Sicht mit diesem Bauprojekt, was versprechen Sie sich für die Entwicklung Meinerzhagens davon?
Es ist erfreulich, dass nach Aufgabe des ehemaligen Schullandheimes vergleichsweise schnell eine neue, sinnvolle Nutzung für das Grundstück gefunden werden konnte und wir einen etwaigen längeren Leerstand mit den in solchen Fällen bekannten Folgen wie Vandalismus vermeiden können. Gleichzeitig wird mit der Seniorenresidenz ein Bauprojekt realisiert, für das es echten Bedarf gibt und das das Angebot an sozialen Einrichtungen sinnvoll ergänzt. Speziell an diesem Standort können sich der vorhandene Kindergarten und die künftige Seniorenresidenz mit ihren Angeboten für „Jung und Alt“ gegenseitig gut tun, und nicht zuletzt wird das architektonisch anspruchsvolle Gebäude eine optische Bereicherung des gesamten Baugebietes „Fumberg“ darstellen.
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