Zum Schulstart: Vier Fragen an… die Leiterinnen unserer Grundschulen, Sibylle Eich, Stefanie Nesselrath und Christiane Wagner

Das Schuljahr 2021/22 hat begonnen – fest steht schon heute: Die pandemiebedingten Auswirkungen werden weiter deutlich spürbar sein. Mit welchen Gefühlen, Erwartungen und Plänen die Schulleiterinnen unserer Grundschulen ins Schuljahr starten, haben sie uns verraten: Vier Fragen an….Sibylle Eich, Stefanie Nesselrath und Christiane Wagner.

Wie sich das neue Schuljahr gestalten wird, ist im Moment noch kaum absehbar. Mit welchen Erwartungen und Hoffnungen starten Sie in dieses wieder ungewöhnliche Jahr?

Christiane Wagner (CW): Ich hoffe, dass wir ohne Lockdown den Präsenzunterricht sicherstellen und für die Kinder, so gut es geht, eine Form von Normalität schaffen können. Dazu gehören vor allem Alltagsstrukturen und Rituale. Die Kinder brauchen Kontinuität, und wir brauchen eine gewisse Planbarkeit, auch für den Fachunterricht, und ein möglichst normales Schulleben mit Singen, Sportfesten oder Kunstprojekten, die wir in diesem Jahr wieder möglich machen möchten.

Stefanie Nesselrath (SN): Für uns alle wird das neue Schuljahr sicher wieder sehr herausfordernd. In einer Grundschule haben gerade Aspekte wie Nähe, vielfältige gemeinsame Arbeitsformen und unbeschwertes Zusammensein höchste Priorität, und die macht der Infektionsschutz (fast) unmöglich. In diesem Kontext eine „Balance“ zwischen Infektionsschutz und echtem Schulleben zu finden, auch angesichts der sich immer wieder verändernden Regeln, wird unsere wichtigste und schwierigste Aufgabe bleiben.

Sibylle Eich (SE): An einer Schule, wo viele Menschen miteinander leben, lernen und lachen, ist vieles schlicht nicht planbar und als Schulleitungen sind wir es gewohnt, uns auf neue Voraussetzungen einzustellen. Sorge bereiten mir die steigenden Fälle der Covid-Erkrankungen und damit die Unsicherheit, ob wir tatsächlich das ganze Schuljahr lang Präsenzunterricht in voller Klassenstärke haben werden. Das bleibt abzuwarten. Dass das Kollegium geimpft ist, ist eine gute Voraussetzung. Wir starten jetzt erst einmal zuversichtlich ins neue Schuljahr und freuen uns auf die Kinder.

Das vergangene Schuljahr war für alle Kinder, vor allem aber die Jüngsten, eine große Herausforderung. Wo sehen Sie den wesentlichen Handlungsbedarf und wie wollen Sie die Probleme, die in den letzten Monaten entstanden sind, auffangen?

SN: Bei uns waren die Schwierigkeiten der Kinder und ihrer Familien sehr verschieden. Einige hatten große Ängste, bei anderen standen inhaltliche Probleme im Vordergrund. Auch wenn er den Präsenzunterricht nicht ersetzen konnte, sind wir über den täglichen Videounterricht immer im Gespräch geblieben und hatten die Kinder gut im Blick. Diese Fürsorge werden die Klassenleitungen beibehalten, die auch täglich die erste Stunde mit „ihren“ Kindern zusammen haben werden, und den Austausch mit den Eltern suchen. Für den Beginn dieses Schuljahres haben wir konkret zwei Ziele: Vor allem möchten wir, dass die Kinder in Ruhe ankommen. Außerdem bieten wir intensive Fördermöglichkeiten an.

SE: Ähnliches gilt auch für uns. Für alle Kinder haben wir im Stundenplan so viele Förderstunden eingeplant wie möglich. Außerdem werden wir den Fokus neben dem inhaltlichen auch auf den sozialen Bereich legen, denn die Kinder müssen (wieder) zueinander finden. Wir sehen ebenfalls, dass das Homeschooling unterschiedlich gut geklappt hat. Für unsere Kleinsten, die die größten Schwierigkeiten hatten, gab es in der letzten Ferienwoche Extrazeit zum Lernen. Sie haben täglich vier Unterrichtsstunden lang mit einer Lehrerin und unserer Lehramtsanwärterin gelernt, so dass sie nun gut ins zweite Schuljahr starten können.

CW: Nach unserem Ansatz geht es zunächst immer darum, eine Beziehung aufzubauen. Die ist die Grundlage für Vertrauen und unabdingbar für erfolgreiches Lernen. Indem wir Rituale wie den Morgenkreis oder den Klassenrat in den Schulalltag einbauen, geben wir den Kindern Raum, über ihre Situation zu sprechen, und wir verbinden das Lernen mit dem sozialen Miteinander. Diese klare Struktur ist gerade jetzt ganz wichtig. Gleichzeitig bieten unsere Sozialpädagogin und unsere Sozialarbeiterin weiterhin Sprechstunden an, die bislang sehr gut von Eltern und Kindern angenommen wurden.

In diesen Tagen startet auch eine neue erste Klasse ins Schuljahr. Was bedeuten die Rahmenbedingungen besonders für die Jüngsten und mit welchen Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr gehen Sie in diese „neue Runde“?

SE: Unsere Klassenlehrerinnen sind erfahrene Pädagoginnen und werden ganz unaufgeregt mit den Kindern nach der Devise starten: so gelassen und gleichzeitig der Situation so angepasst wie möglich. Insgesamt wollen wir den Kindern möglichst viel Sicherheit und einen „normalen“ Schulalltag bieten. Aber die lange Zeit des Distanzlernens hat uns auch gezeigt, dass die Kinder sehr frühzeitig in die Lage versetzt werden müssen, soweit wie möglich selbstständig lernen zu können.

CW: Wir sehen vor allem eins: Vielen Kindern fehlen auch mehrere Monate Kita-Leben und damit die gewohnte Tagesstruktur, die Abläufe und Rituale, wie sie es bei uns ja auch gibt. Schon allein deshalb werden sie wohl länger brauchen, um sich an die neuen Umgebung zu gewöhnen. Wir werden uns also Zeit nehmen und schauen, welche Persönlichkeiten da zu uns kommen und wo die Kinder stehen. Das gilt im Übrigen für alle Jahrgänge: Zeit und Gelassenheit sind ein wesentlicher Faktor.

SN: Um den Blick auf das Positive zu lenken: Im letzten Schuljahr wie in diesem Jahr wurden 1a und 1b getrennt voneinander eingeschult. Die Kinder standen zum ersten Mal als Klasse im Mittelpunkt des Geschehens, und dieser kleinere Rahmen war optimal. Was uns weiterhin fehlen wird, ist das, was das Schulleben ausmacht. Wir dürfen zwar beispielsweise wieder singen, aber ein pädagogisch sinnvolles „Grundschulleben“ wird es noch immer nicht in Gänze geben. Das wiederum belastet alle.

Welche Wünsche haben Sie ganz persönlich als Schulleiterinnen für die kommenden Monate?

SE: Ich wünsche mir vor allem anderen einen durchgängigen Präsenzunterricht. Die Lolly-Tests, die sich bewährt haben, sollten dabei zur Sicherheit beibehalten werden. Eine wirkliche Erleichterung wäre, wenn wir uns, vor allem die Kinder, irgendwann in diesem Schuljahr wieder unbeschwert im Schulgebäude bewegen und ohne Masken gegenübertreten können.

SN: Wir sind Lehrerinnen und Lehrer geworden mit einer Vision von guter Schule. Unsere Arbeit basiert auf einem vertrauensvollen Miteinander. Ich wünsche mir, dass dies wieder den nötigen Raum erhält und dass wir uns als Kollegium mit Unterstützung durch die Elternschaft weiter gegenseitig durch diese schwierige Zeit tragen. Allem voran aber hoffe ich auch auf durchgängigen Präsenzunterricht.

CW: Mein größtes Anliegen wendet sich an uns als Schulgemeinschaft ebenso wie an die Gesellschaft insgesamt: Ohne Beziehung zueinander, ohne Vertrauen läuft nichts. Ich würde mir deshalb wünschen, dass wir einander wieder mit mehr Respekt und Wertschätzung begegnen, dass wir Verständnis für unser Gegenüber entwickeln und bei Diskussionen sachlich bleiben.

Sibylle Eich leitet die Grundschule Am Kohlberg seit 2007, auf die in diesem Schuljahr 311 Kinder gehen. Die Schule selbst besteht seit 1997 und liegt im Schulzentrum Rothenstein in direkter Nachbarschaft zur Sekundarschule.

Stefanie Nesselrath ist seit Anfang 2020 kommissarische Leiterin der Ebbeschule im Ortskern von Valbert. 178 Kinder bevölkern dort zurzeit die Gänge und Klassenzimmer.

Christiane Wagner ist seit drei Jahren Schulleiterin der Grundschule Auf der Wahr; zuvor war sie dort als Konrektorin tätig. Insgesamt 274 Kinder besuchen die Schule derzeit, die im vergangenen Jahr gerne ihr 50jähriges Bestehen gefeiert hätte.

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