Mit Mikroskop und Werkbank – Sekundarschule ist auf dem Weg ins „Reich der Bienen“

Ein Unterrichtsfach namens „Bienen“? Das findet man an unseren Schulen eher selten. Und so wagte sich Christian Serowy, Lehrer an der Meinerzhagener Sekundarschule, vor zwei Jahren auf neues Terrain und baut seitdem Stück für Stück mit Acht- und Neuntklässlern ein neues Ergänzungsfach „Bienen“ aus. Theorie und Praxis, Werken und Mikroskopieren: Hier gibt es viel zu entdecken und zu lernen. Wir haben uns umgeschaut und sind beeindruckt von der Akribie und Leidenschaft, mit der ein wichtiges Thema lebendig gemacht wird.

„Tatsächlich habe ich selbst während des Lockdowns begonnen, mich mit der Imkerei zu befassen“, erklärt Christian Serowy direkt zu Beginn unseres Gesprächs, zu dem wir uns im Technikraum der Schule getroffen haben. Auf schweren Holz-Werkbänken sind Farbreste der vielen Projekte zu finden, die hier im Laufe der Jahre ihre Umsetzung erleben durften. Heute steht auf einem der Tische eine große Holzkiste mit abnehmbaren Deckel und runden Löchern – „ein Hummelhaus“, wie uns Christian Serowy erklärt: „Das war eines unserer ersten praktischen Kurs-Projekte. Nach den Ferien werden wir es als Nisthilfe im Schulgarten aufstellen.“ Dazu kommt ein Schaukasten mit Infos, der ebenfalls von den Schülerinnen und Schülern gebaut wurde – man merkt schnell: Hier ist ein Technik-Lehrer am Werk.

Fach voller Facetten

Nun also Bienen als Unterrichtsfach? „Als ich anfing, mich mit dem Thema zu beschäftigen, wurde mir schnell klar, was für Möglichkeiten darin stecken. Im Prinzip ist es eine Mischung aus Bio-, Erdkunde- und Technikunterricht, und dazu kommen noch ganz andere Aspekte wie Natur- und Tierschutz, Sicherheit, Hygiene und vieles mehr. Da treffen extrem viele theoretische und praxisbezogene Inhalte aufeinander, und ich glaube, das macht das Fach für die Schülerinnen und Schüler so spannend.“

Insgesamt 13 Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren haben den Kurs im vergangenen Schuljahr als Ergänzungsfach gewählt. Viele von ihnen wollen auch nach Kursende weitermachen, sie hat das Thema gepackt: Es passiert halt nicht so oft, dass das Mikroskop neben Hammer, Nagel und Holzbrett steht oder dass man Evolutionsbiologie mit dem Bau einer Nisthilfe kombinieren kann – und dazu, so Christian Serowy, kommen noch weitere positive Effekte: „Manche Schülerinnen und Schüler bringen Vorkenntnisse von Zuhause mit; das gilt zum Beispiel auch für einige ukrainische Jugendliche. Jeder kann etwas beisteuern, wir lernen voneinander und Sprachbarrieren werden fast selbstverständlich überwunden.“ Bienenkunde also als Brücke über Sprachbarrieren und kulturelle Unterschiede hinweg? „Ganz genau, und das prägt das Zusammenarbeiten sehr.“

Streuobstwiese, Schulgarten, Bienen und andere Insekten: Übergreifender Ansatz der Sekundarschule nimmt Formen an

Kurz vor Ferienstart, zu Beginn des Hochsommers, hat sich der Kurs mit der „Trachtlücke“ beschäftigt: Die Blütezeit der Obstbäume und damit eine Hauptnahrungsquelle für Honig-, Wildbienen und Hummeln, ist vorbei. Da galt es, den Schulgarten für die Insekten auch in den Folgemonaten nahrhaft zu gestalten. Eine Wildblumenwiese wurde angelegt, in einer anderen Ecke des Gartens finden sich ungemähte „Kraut-und-Rüben-Bereiche“ zum Nisten: Das Projekt „Bienen“ geht Hand in Hand mit dem Projekt „Schulgarten“, das von seiner Kollegin Claudia Andrieu mit einer Gruppe Schülerinnen und Schüler betreut wird. Und so hat sich die Sekundarschule in den vergangenen Jahren in verschiedener Hinsicht konzeptionell neu aufgestellt: Jede Einschulung beginnt mit der Pflanzung eines Obstbaums, so wird die Streuobstwiese jedes Jahr ein Stück größer. Der Schulgarten beherbergt Nutzpflanzen ebenso wie Wildblumen. Dazu wird, so plant Christian Serowy, ein eigenes Bienenvolk kommen, das er mit einem der nächsten Kurse ansiedeln will – natürlich im selbstgebauten Bienenstock und unter Einhaltung eines umfassenden Sicherheitskonzepts. „Das Material ist nicht ganz billig“, so der 35jährige. „Aber selber bauen ist nicht nur günstiger, sondern auch ein wichtiger Teil des Unterrichts.“

Ein Zuhause für ein Bienenvolk ist in Planung

Eine Doppelstunde pro Woche, wie es der Stundenplan vorsieht, geht bei dieser Vielfalt schnell vorüber. Und wenn erst einmal die ersten Honigerträge zusammenkommen, wird die Arbeit nicht weniger, dass weiß der Hobbyimker aus eigener Erfahrung: Ruhen, abschäumen, schleudern und rühren – all das sind Vorstufen des Endprodukts, das wir so gerne auf dem Brot oder im Tee zu uns nehmen. Dass sich bei der Gewinnung des Lebensmittels von Hygienevorschriften bis zur Etikettierung noch ganz andere Inhalte auftun, ist ein weiteres Plus, dass der Lehrer in der Bandbreite sieht.

Bevor es aber in die Phase geht, dass die Schülerinnen und Schüler sich tatsächlich ein Bienenvolk anvertrauen, steht auch im kommenden Halbjahr noch die Grundlagenschaffung an. Wo der Bienenstock stehen soll, ist bereits klar: In gebührendem Abstand zu allen Gebäuden, geschützt und doch erreichbar, sollen die Bienen, ein sanftmütiges Volk, ihr Zuhause finden. Der Weg dafür muss noch vorbereitet und mit Stufen versehen werden; auch das übernehmen die Jugendlichen selbst. Und so wird Christian Serowy die Sommerzeit nutzen, um weitere Vorbereitungen für den nächsten Kurs zu treffen. Was ihn dabei antreibt? „Bienen sind ein so umfassendes und fesselndes Thema, wie ich kaum ein anderes kenne. Und für die Schülerinnen und Schüler bietet dieses Fach einfach so viel. Man kann sehen, wie die Konzentration und das Engagement steigen und gleichzeitig eine gewisse Entspannung bei der Arbeit einsetzt. Wir lernen hier mit allen Facetten unseres Könnens, und das ist wirklich toll.“

Und so bleibt uns nur, uns nach einem extrem spannenden Vormittag auf das zu freuen, was noch kommt. Wir bleiben am Ball, genauso wie Christian Serowy und die Schülerinnen und Schüler, die sich weiter auf „ihre Bienen“ vorbereiten.

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