Meinerzhagen und ich

Gelebt hat sie in elf Städten zwischen Flensburg und Freiburg; gewirkt, gelernt und gearbeitet an noch mehr Orten. Und auch in Meinerzhagen hat sie Wurzeln geschlagen: Seit fast zwei Jahrzehnten ist Cosima Breidenstein Lehrerin an der Musikschule Volmetal. Im Mai 2019 übernahm sie deren Leitung und musste sich schon nach wenigen Monaten als Corona-Krisenmanagerin beweisen. Ihre Liebe zur Musik, ihre Freude an der Lehre und ihr Herz für die Menschen haben sie durch die schwierige Zeit getragen, denn sie lebt getreu ihrem Motto „Tue, was Du liebst, und liebe, was Du tust – im Idealfall beides“. Meinerzhagen und ich: Die Möglichmacher.

Musikerin mit Leib und Seele: Cosima Breidenstein, Leiterin der Musikschule Volmetal

Wollte man Cosima Breidensteins Lebenseinstellung auf den Punkt bringen, käme man an dem Schlüsselwort „Vielfalt“ nicht vorbei: Sie spielt mit der Violine als Konzertmeisterin und Solistin, in Orchestern und Kammermusik-Ensembles, ist Autorin und Sprecherin von Musikhörbüchern, moderiert Veranstaltungen und mehr. „Kind, Du läufst Gefahr, Dich zu verzetteln, das sagte meine Mutter früher zu mir“, erzählt die 53jährige. „und in gewisser Hinsicht hatte sie Recht. Ich hatte immer viele Interessen, aber genau das hat mir geholfen.“ Das gilt für ihr gesamtes Leben, das sich um die Eckpfeiler „Familie“ und „Musik“  dreht – kein Wunder, stammt sie doch aus einer Musikerfamilie: Ihr Vater war Dirigent, schon früh ging sie mit in die Oper und zu Konzerten, kannte die Sängerinnen und Sänger persönlich und war ganz aufgeregt, wenn diese ihr von der Bühne aus zuzwinkerten. Dass sie als kleines Mädchen unter dem Flügel ihres Vaters lag und die Musik mit allen Sinnen aufnehmen konnte, gehört zu ihren prägenden Erinnerungen. So kam es, dass sie auch beruflich zur Musik fand.

Meinerzhagen und Köln – ein Gespann voller Möglichkeiten

Und wie findet eine Frau mit so reichen Erfahrungen ihren Weg nach Meinerzhagen? Dabei spielten die Nähe zum Wohnort Köln, eine berufliche Neuorientierung und, wie so oft, der Zufall eine Rolle: Vor inzwischen 19 Jahren hörte Cosima Breidenstein von einer offenen Stelle als Geigenlehrerin in Meinerzhagen. Daraus entstand die für sie ideale berufliche Kombination an einem Ort, der sich ebenfalls als perfekt erwies: Nicht weit von Zuhause kann sie seitdem die Leidenschaft für das Unterrichten leben, die Liebe zur Musik in ihren Schülerinnen und Schülern fördern und daneben weitere Projekte verfolgen. Dabei inspiriert sie die Atmosphäre hier: „Ich mag das ruhigere Tempo. Die Landschaft ist traumhaft, die Luft so gut und die Stadt hat eine schöne Größe“, stellt sie fest. Obwohl sie sich hier wohl fühlt, führt der Weg sie abends doch zurück nach Köln, wo die Familie inklusive Tochter, Meerschweinchen, Omas, Onkel und Tante zusammenlebt. Gerade die Älteren können nicht mehr verpflanzt werden, „und wo die Omas sind, da sind auch wir“, lacht sie und gewinnt wie immer den Gegebenheiten das Beste ab.

Kultur in Zeiten der Krise: mit Musik gegen Corona

 „Meinerzhagen – Köln“ erwies sich als gelungene Balance. Als sich dann, nach vielen Jahren im Lehrkörper der Musikschule Volmetal, die Möglichkeit ergab, deren Leitung zu übernehmen, siegten erneut die Aufgeschlossenheit und die Offenheit für Neues: „Dass ich nun die Musikschule leiten darf, empfinde ich als großes Glück – wenn es auch während Corona eine Herausforderung war und ist.“ Da fällt es also, das Stichwort, dessen Inhalt das Leben in den letzten Monaten so verändert hat. Auch dem Musikschul-Team hat diese Zeit viel abverlangt. Digitale Alternativen, neue Unterrichtskonzepte und vieles mehr mussten zusätzlich zu den bekannten Themen aus dem Boden gestampft werden, und dabei stellten sich die 21 Musikschullehrerinnen und -lehrer ungeahnten Fragen: Wie vermittle ich Rhythmik über den Rechner? Wie können wir gemeinsam singen oder, ganz grundlegend: Wie helfe ich dem Schüler oder der Schülerin virtuell, das Instrument zu stimmen?

Gleichzeitig  machte die Krise auch schöne Erfahrungen möglich. Cosima Breidenstein: „Gerade die Kinder freuten sich sichtlich auf den digitalen Unterricht, auf das gemeinsame Musizieren und den Austausch. Sie waren bestens vorbereitet und haben die Stunden regelrecht genossen. Wir durften wieder einmal feststellen, wie wichtig Musik im Leben der Menschen ist. Besonders in Krisenzeiten ist es auch die Kultur, die uns trägt.“ Für den großen Einsatz des Musikschul-Teams ist sie sehr dankbar: „Alle haben die Krise mit immenser Arbeitsbereitschaft, Engagement und Idealismus beantwortet. Sie haben zugehört, abgefedert und, vor allem, ihre Liebe zur Musik weitergegeben. Ich hoffe, dass wir so ein bisschen Freude erlebbar gemacht haben.“

Nun hofft Cosima Breidenstein, dass sie sich im kommenden Schuljahr wieder mehr dem Tagesgeschäft widmen kann. Und das heißt, Konzepte zu erarbeiten, die Musikschule auf die Zukunft einzustellen, ihr Team zu führen, sich um die Gebäude zu kümmern, Finanzen zu kontrollieren, zu unterrichten und mehr. Außerdem hat sie sich das Thema „Vielfalt“ auf die Fahnen geschrieben: Zwar können sich die Angebote in über 30 Fächern wirklich sehen lassen, doch Cosima Breidenstein könnte sich auch vorstellen, weniger gefragte Instrumente aufzunehmen. So könnten neben der Gitarre, dem Klavier und der Trompete vielleicht auch demnächst die Oboe oder das Fagott gelehrt werden. Dabei will sie die begleiten, für die Musizieren ein Hobby ist; ebenso ist aber auch die Berufsvorbereitung eine wichtige Aufgabe: Denn ein Musikstudium lässt sich nur nach einer erfolgreich bestandenen Aufnahmeprüfung aufnehmen und dafür braucht es die Förderung junger Talente von frühester Kindheit an. „Die neue Generation von Profimusikern wächst in den Musikschulen heran. Wenn wir da nicht sorgfältig arbeiten und konsequent fördern, gibt es auch keinen Nachwuchs: Keine Komponisten – also auch keine Musik in Werbung und Film, keine Orchestermusikerinnen und -musiker und natürlich auch keine Musiklehrerinnen und -lehrer bzw. Musikschullehrerinnen und -lehrer. Das ist eine große Verantwortung“, betont Cosima Breidenstein.

Mit offenen Augen, weitem Herzen und neugieriger Vorfreude in die Zukunft

Auch hier zeigt er sich also wieder, der Blick über den Tellerrand. Den Ausgleich zu diesen vielen Facetten findet Cosima Breidenstein bei ihrer Familie und im Garten, wo sie den Geigenbogen gegen die Schaufel austauscht und mit den Händen in der Erde ihren Gedanken freien Lauf lässt. Und ihre ganz persönlichen Pläne für die Zukunft? Die sind genauso spannend wie das „Hier und Jetzt“: „Das Texten für meine Musikhörbücher hat mir großen Spaß gemacht – ein Buch zu schreiben, könnte ich mir gut vorstellen. Ansonsten verwandele ich meine Träume eigentlich immer in Wirklichkeit, so wie eine bestmögliche Musikschule zu haben!“ Ein Leben, getreu ihrem Motto...

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