Leerstände als große Chance: Ausstellung zeigt neue Nutzungswege auf

Geschäftsleerstände in der Innenstadt mal anders gedacht – und zwar nicht als bedrückend, sondern als belebend: So oder ähnlich könnte die Quintessenz des Projekts zusammengefasst werden, das Till von Pock im Rahmen seiner Abschlussarbeit für sein Studium der Stadtforschung an der TH Köln beispielhaft hier in Meinerzhagen durchgeführt hat. Nach online-Umfrage zum Thema Leerstände, einem offenen Workshop und vielen eigenen Recherchen präsentierte er am Wochenende seine Erkenntnisse in Form einer Ausstellung. Die fand passenderweise in einem leerstehenden Geschäftsraum in der Derschlager Straße statt, denn um diese Straße ging es explizit und beispielhaft in der vorangegangenen Analyse. 

Früher und heute im Vergleich

Zu Beginn der Überlegungen steht sowohl in der Forschungsarbeit als auch in der Ausstellung die Bestandsaufnahme: Wie sieht die Derschlager Straße heute aus und was spielte sich in den vergangenen Jahrzehnten dort ab? Eine gute Bausubstanz, alte Gebäude und Fassaden wechseln sich hier mit modernen Hausfronten ab. Eins macht die Fotogalerie in der Ausstellung jedoch unmissverständlich deutlich: Wo sich früher viel öffentliches Leben abspielte, herrscht heute vielfach Leere – ein Zustand, der insgesamt bedrückend wirkt und auf die Wahrnehmung der ganzen Innenstadt Einfluss nimmt. Aber wie kann man ihn zum Positiven wenden?

Vernetzt und mit neuen Ideen für ein lebendiges Miteinander in der Innenstadt

Die Geschäftsräume können auch anders genutzt werden – das ist die Ausgangsidee, die Till von Pock in der Ausstellung visualisiert und in seiner Arbeit durchspielt. Leerstände als Räume für Kreativität, für gemeinsames Erleben, für neue Impulse zu öffnen, ist dabei die Grundlage seiner Skizze, und das ausgehend von einem gemeinsamen Ankerpunkt. 

Hierfür hat er exemplarisch die Gebäude an der Derschlager Straße 4 und 6 ausgesucht, denn die bieten eine große gemeinsame Fläche und können für eine Dauernutzung ausgebaut werden. „Vorstellbar“, so Till von Pock, „wäre hier die Unterbringung der Stadtbücherei als ein zentrales Element für das Stadtleben und als Knotenpunkt für ein Netzwerk von Angeboten, das sich über die Leerstände Derschlager Straße erstreckt und zusammenwirkt.“ In der Stadtbücherei finden diese verschiedenen Ebenen zusammen: Hier trifft man sich und hier stehen Bildung, Kultur, Spaß und persönliche Interessen direkt nebeneinander. Im Gebäude bieten sich über die Etagen hinweg noch weitere Nutzungsmöglichkeiten an: ein Kinderraum zum Beispiel, ein Multimedia-Raum, in dem man gamen oder selbst technisch kreativ werden kann, eine Küche für gemeinsame Koch- und Backerlebnisse oder eine Dachterrasse, auf der man sich zum Quatschen trifft oder wo man eine Pause einlegen kann. 

Mit einem „Stipendium für Kreative“ oder „geteilten Talenten“ stehen noch mehr Ideen im Raum, die vor allem den Gedanken tragen: durch das Vernetzen von Themen und Angeboten für die Menschen lebendige, attraktive Treffpunkte zu schaffen. Diese könnten sich dann, ausgehend von dem Ankergebäude mit Stadtbücherei, durch die weitere Innenstadt ziehen: Auch andere leerstehende Geschäftsräume könnten für die Zeit, in der sie nicht vermietet sind, so belebt werden. Till von Pock: „Hier gibt es viele denkbare Varianten, wie man die Geschäfte für eine gewisse Zeit nutzen könnte und damit die gesamte Innenstadt ein Stück weit „wiederbelebt“ wird: Ausgehend von der Stadtbücherei, von der aus kreative Initiativen gemanagt würden, könne man bestehende Angebote eingliedern und ihnen neue Räumlichkeiten  bieten – möglicherweise auf Zeit oder im Wechsel in unterschiedlichen Ladenlokalen.“ 

Auch neue Ideen könnten umgesetzt werden, so dass sich die losen Enden von verschiedenen Initiativen verknüpfen und ein vernetztes Ganzes ergeben. Denkbar wären beispielsweise Pop-up-Galerien oder Kursräume, ein Gaming-und-Kino-Bereich und mehr. Das Schöne dabei: Alle, Privatleute, Vereine oder auch Einrichtungen in der Stadt, könnten diese Räume bespielen und Synergien heben – der Effekt der Belebung und Attraktivitätssteigerung ginge also über die ganze Innenstadt hinweg und könnte auch die Stadtgemeinschaft insgesamt mit einbeziehen. 

Gutes Wetter lockte viele Besucher an – viel Zuspruch und eigene Ideen

Vor allem am Samstag, als mit dem sonnigen Wetter auch die Innenstadt gut gefüllt war, war die Ausstellung gut besucht. Und auch am Sonntag war viel los. Gespräche entfalteten sich, weitere Erinnerungen wurden geteilt und das Brainstorming für weitere Nutzungsideen setzte sich bei den Besuchern direkt fort: Es war gut zu erkennen – wenn der Stein einmal rollt, kommt alles in Bewegung, denn der positive Impuls, dass auch diese Situation eine Chance für neu gedachte Nutzungskonzepte bedeutet, kam bei den Interessierten an. 

Und wie geht es jetzt weiter? Während Till von Pock seine Studienarbeit zum Abschluss bringt, greift die Stadtverwaltung den Faden auf. Lea Wember, Leiterin des Fachbereichs Stadtentwicklung: „Wir haben uns in den letzten Wochen schon intensiv ausgetauscht und uns gegenseitig Eindrücke und Ideen zugespielt. Für uns als Stadt ist diese Studie ganz spannend und wir werden die Gedanken auf jeden Fall aufnehmen und die Ideen weiterspinnen.“ 

Man darf also gespannt sein, wie es weitergeht – wir halten Sie auf dem Laufenden! 

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