Am vergangenen Samstagvormittag fand die fünfte und letzte Verlegung von Stolpersteinen in Meinerzhagen statt: Neun weitere Gedenktafeln wurden vor den Wohnhäusern Zum Alten Teich 2 und Hauptstraße 32 in den Boden eingelassen und erinnern nun an die Opfer des Nationalsozialismus, die bis zu ihrer Vertreibung oder Deportation dort lebten. „Wir denken an das Schicksal der Brüder Nathan und Emil Stern, an ihre Ehefrauen Rosa und Paula sowie an ihre Kinder Hugo, Hedwig, Hans und Herbert sowie an ihre Cousine Paula. Für sie, für diese neun Menschen, wollen wir heute an ihren letzten Wohnstätten in Meinerzhagen Stolpersteine verlegen und damit ein Zeichen der Erinnerung setzen“, so Bürgermeister Jan Nesselrath im Rahmen der Verlegung am Samstagmorgen.
Zu der bewegenden Zeremonie, mit der nach vielen Jahren nun die Verlegung von Stolpersteinen in unserer Stadt zum Abschluss kam, waren erneut auch Nachfahren der jüdischen Familien nach Meinerzhagen gereist: Der Gedenkstunde wohnten auch die Enkelin der Eheleute Nathan und Rosa Stern und Tochter von Hedwig Stern, Yvonne Daniel, und ihr Mann René an. Sie waren extra aus den USA zu diesem besonderen Tag nach Meinerzhagen gekommen, ebenso wie Steve Fischbach sowie Gail Stern und ihre Schwägerin Sheri Stern mit Sohn Ryan. Sie alle haben Wurzeln in Meinerzhagen, die in der Zeit des Nationalsozialismus durch Verfolgung und Ermordung gekappt worden waren. In den vergangenen Jahren waren, vor allem auch im Rahmen der Initiative zur Stolperstein-Verlegung, freundschaftliche Bande entstanden. Auch diese Begegnung am Samstag zeigte, wie sehr der Austausch geschätzt wird. „Wir danken unseren Gästen aus den USA, dass sie diesen für uns allen so wichtigen Schritt gemeinsam mit uns gehen und uns immer wieder die Hand zur Versöhnung reichen“, stellte Bürgermeister Jan Nesselrath beim anschließenden Treffen im Rathaus fest.
Neben Vertreterinnen und Vertretern der Initiative Stolperstein, die sich seit vielen Jahren für die Verlegung der Gedenksteine in Meinerzhagen einsetzen, darunter Christina und Dietmar Först, waren auch Schülerinnen und Schüler der Q1 am Evangelischen Gymnasium zu der Gedenkstunde gekommen – eine Geste, die die Beteiligten sehr freute. Sie hatten sich im Projektkurs Geschichte „Jüdisches Leben in Meinerzhagen“ mit dem Schicksal der jüdischen Bürgerinnen und Bürger im Nationalsozialismus beschäftigt und durch ihr Engagement den Ratsbeschluss herbeigeführt, auch diese letzten neun Steine zu verlegen. „Wir als junge Menschen fühlen uns in der Verantwortung, dass an alle diese Menschen erinnert wird und dass diese schreckliche Zeit sich auf gar keinen Fall wiederholt“, heißt es in dem Bürgerantrag, den die jungen Leute gestellt hatten. „Es ist unsere Aufgabe, dass das Wissen um das, was geschehen ist, auch an die kommenden Generationen weitergegeben wird und dass wir auch in Zukunft aus unserer Geschichte lernen“, so Jan Nesselrath. „Es ist daher ein sehr schönes Zeichen und auch ganz wichtig, dass die Jugend heute hier ist und dass wir alle generationenübergreifend hier stehen.“ Da die Verlegung selbst nicht durch den Künstler und Initiator der Aktion, Gunter Demnig, vorgenommen werden konnte, hatte sich Sebastian Falz direkt bereiterklärt, dies zu übernehmen. Auch ihm galt der Dank der Anwesenden.
47 Stolpersteine sind es nun, die im Stadtgebiet vor verschiedenen Wohnhäusern liegen und an 47 Schicksale von Meinerzhagener Bürgerinnen und Bürgern erinnern, die von den Nationalsozialisten verfolgt, bedroht, deportiert wurden. Viele wurden ermordet oder in den Tod getrieben. Umso wichtiger war allen Beteiligten die Begegnung, das Gespräch, die Versöhnung, denn: „Die Erinnerung ist wie das Wasser: Sie ist lebensnotwendig und sie sucht sich ihre eigenen Wege in neue Räume und zu anderen Menschen. Sie ist immer konkret: Sie hat Gesichter vor Augen, und Orte, Gerüche und Geräusche. Sie hat kein Verfallsdatum und sie ist nicht per Beschluss für bearbeitet oder für beendet zu erklären.“ (Zitat von Noach Flug)
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