Seit September 2021 ist Sandra Clemens bei der Stadt Meinerzhagen für die Wirtschaftsförderung und den Tourismus zuständig – ein weites Feld, das sich nicht nur stetig dynamisch weiterentwickelt, sondern auch enorme Potenziale bietet. Wie sie die komplexen Themen und Aufgabenbereiche voranbringen will, welche Inhalte ihre Arbeit bestimmen und warum diese so spannend ist, erzählt sie im Interview: Fünf Fragen an… Sandra Clemens.
Frau Clemens, Sie machen das erste Jahr als für Wirtschaftsförderung und Tourismus Verantwortliche bald voll. Tragen Sie da nicht zwei ganz unterschiedliche „Hüte“ – oder wie passen diese Themen zusammen?
Natürlich sind dies zwei Themen mit ganz eigenen Facetten und Schwerpunkten, aber sie passen trotzdem gut zusammen und sind miteinander eng verzahnt. Schließlich ist Tourismus auch ein Wirtschaftsfaktor, und nur mit einer stabilen Wirtschaftslage wiederum kann sich eine Stadt attraktiv als Reiseziel präsentieren. Hier bei uns verbinden wir dies mit dem großen Vorteil, dass wir einen echten Freizeitwert mit Lebensqualität und Wirtschaftskraft verbinden. Das macht unsere Stadt für Arbeitgeber, für Fachkräfte, für Einheimische und eben auch für Gäste attraktiv. Insofern ist unser Ansatz, Wirtschaft und Tourismus ganzheitlich anzugehen, wie ich finde richtig. Beide gehen Hand in Hand.
Was können Sie für die Wirtschaftstreibenden hier am Standort eigentlich genau tun?
Zunächst einmal ist es eine unserer wesentlichen Aufgaben, ansiedlungsinteressierte Unternehmen bei der Suche nach einer geeigneten Gewerbefläche oder einer passenden Immobilie sowie bei behördlichen Angelegenheiten zu begleiten. Dabei verstehen wir uns als Schnittstelle zwischen Unternehmen und städtischen Einrichtungen, Immobilienbesitzern oder anderen Ansprechpartnern, die für Wirtschaftstreibende wichtig sind, und sorgen für kurze, schnelle und effektive Wege. Außerdem bieten wir bestimmte Services an, darunter zum Beispiel die Immobilienbörse oder Hilfe für Existenzgründer. Ich setze vor allem auch auf persönliche Kontakte, denn wir wollen auch bei Sorgen und Nöten direkt zur Stelle sein und den Wirtschaftstreibenden zur Seite stehen. Der direkte Draht ist mir deshalb ganz wichtig, denn ich glaube, miteinander zu sprechen, sich zu verstehen und dann die beste Lösung zu finden, ist das A und O – mag das Anliegen noch so individuell sein.
Was macht den Wirtschaftsstandort Meinerzhagen attraktiv? Wie wirken sich aktuelle Faktoren wie die A45-Sperrung, aber auch die Folgen von Corona und nun auch des Kriegs in der Ukraine aus?
Meinerzhagen ist traditionell ein Wirtschaftsstandort mit vielen leistungsstarken Unternehmen, Markt- und Weltmarktführern, die inhaltlich breit aufgestellt sind und einander bestens ergänzen. Das allein ist ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal. Die Anbindung per Bahn und grundsätzlich auch per Autobahn in die Ballungsräume ist ein zusätzlicher Pluspunkt. Hinzu kommen dann eben auch, was ich eingangs erwähnte, nämlich der hohe Freizeitwert, die Lebensqualität und die gute Infrastruktur, beginnend bei den Wohnmöglichkeiten über die Schulauswahl bis hin zu Themen wie Versorgung oder Kultur. Natürlich haben auch wir mit den Folgen der Pandemie und des Ukraine-Konflikts zu kämpfen und die Sperrung der A45 tut ihr Übriges dazu. Die internationalen Lieferketten sind gestört, Planungssicherheit ist nicht mehr in vollem Umfang gegeben und wir bemerken auch, dass Fachkräfte wegen der hohen Zeitverluste auf der Autobahn abwandern und die Kaufkraft insgesamt zurückgeht. Mit diesen Einschnitten müssen wir bestmöglich umgehen, die Folgen abmildern und alles dafür tun, dass wir weiter positive Effekte erzielen. Ich denke, da sind Flexibilität und vor allem eine ganz enge Zusammenarbeit mit allen Beteiligten gefragt.
Zum Thema Tourismus: Vor einigen Jahren war die Region und mit ihr auch Meinerzhagen noch ein Zentrum für den Wintersport. Der ist inzwischen weggebrochen – müssen wir „Tourismus“ in unseren Gefilden neu denken?
Wir sind schon mitten im Veränderungsprozess: Seit einigen Jahren liegt unser Hauptaugenmerk auf Outdoor-Aktivitäten, insbesondere auf Wandern und Radfahren. Wir haben unseren Gästen eine fantastische, abwechslungsreiche Landschaft zu bieten, in der man die Seele baumeln lassen kann und die den Alltagsstress vergessen lässt. Man kann aktiv sein und gleichzeitig entspannen. Eine herrliche Lage, das Ebbegebirge, einen Naturpark, Wälder und Talsperren in einer hübschen Stadt und mit guter Anbindung für Ausflüge, dazu ganz unterschiedliche Übernachtungsmöglichkeiten für jeden Geldbeutel – was will man mehr? Dieses Szenarium wollen wir vermarkten, und dass das Konzept aufgeht, zeigen allein die Besucherzahlen. Meinerzhagen ist schon sehr beliebt, und jetzt wollen wir es noch bekannter machen und unser Profil weiter herausarbeiten.
Zum Schluss noch eine persönliche Frage – wie sieht Ihre erste Bilanz nach 10 Monaten aus und wo sehen Sie Wirtschaft und Tourismus in 5 Jahren?
Meinerzhagen ist meine Heimat und es macht mir riesige Freude, am Bild „meiner“ Stadt mitzuarbeiten. Sowohl Wirtschaftsförderung als auch Tourismus sind breite Themenfelder mit viel Potenzial. Natürlich sind die Zeiten gerade wirklich nicht leicht: Vor nicht allzu langer Zeit hätte wohl niemand mit einer Pandemie mit einer solchen Tragweite, der plötzlichen Sperrung der A 45 oder gar mit einem Krieg in Europa gerechnet. Das macht es schwierig, einen verlässlichen Blick in die Zukunft zu werfen. Aber wir wollen die Krisen als Chancen für Veränderung nutzen und auf den vielen guten Faktoren aufbauen, die wir hier vorzuweisen haben. Das ist eine tolle Möglichkeit, über die ich mich sehr freue.
Sandra Clemens, 44, ist seit 27 Jahren bei der Stadtverwaltung Meinerzhagen und kennt „ihre“ Stadt aus dem Eff-Eff – ein wichtiger Erfolgsfaktor gerade für ihr Aufgabengebiet, bei dem der Kontakt zu den Menschen und die Kenntnis der Gegebenheiten vor Ort ganz wesentlich sind. Die gebürtige Meinerzhagenerin bringt außerdem breite Erfahrungen u.a. aus dem Finanzbereich und Sozialwesen, dem ehemaligen Bauverwaltungsamt, der ARGE Märkischer Kreis und der Verwaltung der Liegenschaften mit. In ihrer Freizeit ist sie gerne zu Fuß oder mit dem Mountainbike in der Natur unterwegs.
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